Vielleicht bin ich eine Abenteuerin. Ganz oft aber auch eine Glücksritterin. Ich kämpfe häufig im Leben für das Glück anderer Menschen und versuche gleichzeitig die Balance zu halten mein eigenes Glück nicht aus den Augen zu verlieren.
Aber von vorn…
In meinem ersten Leben habe ich alles so gemacht, wie die Gesellschaft und mein familiäres Umfeld es mir als Jugendliche vorgelebt und vorgegeben hatte und es zudem als „normal“ deklarierte. Normal – über das Wort stolper ich gern mal. Das wird uns begleiten hier in meiner Welt. Ich empfinde dieses Wort als problembehaftet. Deshalb versuche ich es aus meinem täglichen Sprachgebrauch zu verbannen, was gar nicht so leicht ist in einer Welt, die aus lauter Normen besteht.
Meine Schulausbildung habe ich nach 10 Jahren abgeschlossen, begann eine Ausbildung, suchte mir einen Partner, heiratete und wir bekamen eine Tochter. Wir krönten unser Leben mit einem Umzug in eine Doppelhaushälfte mit Garten und Pool.
Dann sollte ich glücklich sein.
Ich war es aber nicht.
Lange dachte ich, ich hätte etwas falsch gemacht und dieses Denken begleitete mich noch einige Jahre, lange (sorry, Spoiler) nach meiner Trennung von meinem „ersten Leben“ vor 14 Jahren.
Ich bin groß geworden mit Bezeichnungen über mich wie: Querkopf, Krepelkind, Unruhegeist. „Krause Haare – krauser Sinn“… ein Ausspruch meines Vaters, den ich wohl am häufigsten gehört habe. Bis hierhin klingt das (mit einem wohlwollenden Lächeln) vielleicht liebevoll. Natürlich kann ich das einsortieren. Problematischer wird es für mich bei Erinnerungen an Tischgespräche in denen mir gesagt wurde, dass ich „wenn ich SO bin, niemals einen Mann finden werde, der mit mir zusammenleben will“. Ich fragte mich erstens: Was meint denn SO? Zum anderen wurde daraus ein Glaubenssatz. An meinem 18. Geburtstag lernte ich einen Mann kennen, mit dem ich ein paar Wochen später zusammenkam und bevor ich keinen anderen mehr „abbekommen“ würde, fragte ich ihn 1,5 Jahre später, ob er mich heiraten würde.
Heute – mit viel Abstand, war es so unbedingt vorprogrammiert, dass das nicht gutgehen konnte. Long story short… ich war unglücklich.
Meinen Frust machte ich mundtot indem ich aß. Persönliche Identifikation erfuhr ich über meine berufliche Tätigkeit und ich machte mein eigenes Ding. Durch verschiedene Lebensumstände entwickelten wir uns in völlig andere Richtungen und meine innere Unruhe wurde größer und größer. Ich verspürte eine riesige Sehnsucht, bei der ich nicht sortieren konnte, wonach ich mich eigentlich sehnte. Währenddessen war ich Mutter geworden. Stine. Eines meiner größten Lebensglücke. Was auch immer ich fortan tat im Leben – ich tat es immer mit einem Blick auf sie. Aber nicht ohne unmissverständlich klar zu machen, dass ich nicht nur Mutter sein möchte, dass ich weiterhin Antje sein werde. Nichts hat mich mehr gerettet als das. Bis heute. Ich bin das größte Muttertier – Löwenmutter, Hasenmutter – was es gerade braucht. Ich hüte unser Nest. Aber der wichtigste Schritt, den ich jemals in meinem und unserem Leben gemacht habe – ich bin gegangen. Stine war gerade 9, als ich sie und unseren Kater Paul ins Auto gepackt hab und wir nach Hamburg gezogen sind. Wie hart es werden wird, davon hatte ich keine Vorstellung. Ein Glück.
Heute hat Stine (23J.) bereits seit 11 Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrem Vater. Er hat mir meine Trennung von ihm so unfassbar übelgenommen, dass er es nicht geschafft hat in seinem Umgang zwischen mir und seiner Tochter zu unterscheiden. Viele Jahre habe ich mich dafür verantwortlich gefühlt, zuweilen auch heute noch an schlechten Tagen. So wohnen Stine und ich seit unserem Umzug in 2009 aus Potsdam zusammen in Hamburg. Wir haben hier unser Zuhause gefunden. Vielleicht schreib ich nochmal mehr über unser Leben im Spagat zwischen „Meine Tochter lebt noch zuhause und ich wohne gemeinsam mit meiner Tochter“.
Nur wenige Monate nach der Trennung und dem Umzug nach Hamburg ist mir „der Mann meines Lebens“ begegnet. The Love of my life. Klingt kitschig? Achtung - es wird noch kitschiger – ich hab ihn gesehen und habe mich von der ersten Sekunde an in ihn verknallt. Einer der ersten Sätze, den er zu mir gesagt hat war: „Ich bin ein wenig kompliziert.“ … bei vielen anderen Menschen würde das wahrscheinlich einen Fluchtreflex auslösen. Bei mir setzte dieser nicht ein und rückblickend war das vielleicht der erste Moment in dem mir hätte klarwerden können, dass ich Abenteuer liebe :-)
Könnt ihr Euch erinnern an den früheren Beziehungsstatus bei facebook „Es ist kompliziert“? Das beschreibt unsere ersten Jahre ganz gut glaub ich. Aber ich hab ein Happy End für Euch – bis heute hab ich Herzklopfen wenn ich ihn sehe. Wir lieben uns sehr. SehrSehr. Und vielleicht genau deshalb, weil unsere Form der Beziehung nicht dem „Normal“ entspricht. Er ist der Mensch, der mir den nötigen Raum gegeben hat, MEINEN Weg finden zu können, um zu erfahren wer ich bin. Wie funktioniert mein innerer Kompass – was leitet mich im Leben?
Aber dorthin zu kommen, das fühlte sich oft schwer an, richtig hart. Ich hab Dinge wegstecken müssen, für die ich bis heute keine Taschen gefunden hab. Trage Narben, auf die ich hätte verzichten wollen. Ich hab bereits Sätze gehört wie: „Vielleicht bist Du aber auch genau da, wo Du bist Antje, weil Du diese Blessuren davongetragen hast!“ Ja – vielleicht ist das so. Ich trage den Glauben in mir, dass bedingslose Liebe und Freiheit in meiner Sozialisation mich genau an den gleichen Punkt gebracht hätten. Vielleicht sogar früher.
Ich war so rastlos. Ich fand einfach keinen Weg um mit dieser Unruhe in mir umzugehen. Schlussendlich hab ich sie gefunden auf meiner Reise zu den Nordlichtern. Endlich wurde mir klar, welche große Rolle mein Autonomiebedürfnis einnimmt. Ich funktioniere einfach nicht, wenn sie eingeschränkt wird.
Ich liebe Begegnungen und den Austausch mit Menschen, ich muss immer die Möglichkeit haben, welche um mich zu haben und dennoch ist es unabdingbar für mich, mich entfernen zu können, Stille zu finden. Gerade weil ich selbst oft laut bin, brauch ich diesen Ausgleich. Und so habe ich verstanden, dass alleine reisen für mich ein perfekter Weg ist, beides zu finden. Ich habe schon so viele Reisen allein unternommen und nie, wirklich nie hab ich mich einsam gefühlt.
Im ersten Coronajahr 2020 versuchte ich wie viele andere auch meinen eigenen Rhythmus zu finden, habe begonnen das Stadtgebiet Hamburgs auf dem Grünen Ring zu erwandern, konnte für mich das "Stadtwandern" als Projekt ins Leben rufen, bin auf dem Heidschnuckenweg jedes Wochenende Etappen gewandert, fand im Wald Ruhe (bis heute der wichtigste Ort für mich - dort erfahre ich "inner peace"), Podcasts begleiteten oft die täglichen Spaziergänge - vorrangig über Abenteuer...zum Träumen... immer wieder war das Thema Mehrtageswanderungen präsent, aber die Vorstellung mir mit anderen ein Bettenlager teilen zu müssen, schreckte mich ab (heute übrigens nicht mehr). Christo Förster erzählte bei Erik Lorenz in Folge 119 des Weltwach-Podcast vom Übernachten draußen unterm Sternenzelt, in einer Hängematte. Ich hörte gespannt zu und wusste sofort, dass das für mich funktionieren könnte. Zu Beginn des 2. Coronajahres 2021 begann ich mir jeden Monat einen Ausrüstungsgegenstand zu kaufen. Zuerst einen Schlafsack, dann meine Hängematte, einen Trekkingrucksack, und und und.
Dann ging ich los – von Lübeck-Travemünde nach Wismar. Lieber nicht so weit weg – falls ich abbrechen müsste. Ich hatte Angst vor meiner eigenen Courage.
Und da bin ich… 2 Jahre später… erfahrene Draussenschläferin und Weitwanderin.
Einer meiner Lieblingsrucksackverkäufer sagte neulich, als ich ihm von meiner nächsten Tourenplanung erzählte: „This escalated quickly – vor 2 Jahren noch Wismar und nun Grönland!“ Wir mussten beide lachen, aber in seiner stimme Klang eine gehörige Portion Respekt mit und in meinem Lachen mächtig viel Stolz!
Mein Leben steht nie still, ich bin eben eine Rastlose!
Wow, du kannst stolz auf dich sein, dass du die Erfahrungen machen konntest und das diese Erlebnisse zu dem gemacht haben, wie du jetzt bist. Ich freue mich mehr von dir zu lesen und mich inspirieren zu lassen.